Rufbusangebote für jedermann in Ludwigslust-Parchim (LUP)
Das Interreg Projekt MARA trug dazu bei, ein gutes ÖPNV Angebot noch besser zu machen: Was digitale Tools mit einer Krankenschwester und dem Rufbus-Angebot in LUP zu tun haben.
Stefan Lösel ist in seinem Element:
„Wenn eine Krankenschwester morgens um 6 Uhr zur Arbeit fahren muss, sollte Sie doch nicht darauf hoffen müssen, dass jemand Sie von einer „Mitfahrbank“ mitnimmt. Ein Landkreis wie Ludwigslust-Parchim, der über 210.000 Einwohner hat, muss seinen Bürgern ein verlässliches Mobilitätsangebot jenseits des Individualverkehrs machen. Initiativen wie Bürgerbusse sind gut und haben Ihre Berechtigung, aber nur als Ergänzung zum flächendeckenden ÖPNV Angebot“.

Ludwigslust-Parchim (LUP) ist (neben zwei kreisfreien Städten) einer von insgesamt sechs Landkreisen in Mecklenburg-Vorpommern. Mit 4.767 km2 ist er der zweitgrößte der rund 300 Verwaltungsbezirke in Deutschland. Im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschland und zur durchschnittlichen Bevölkerungsdichte in Mecklenburg-Vorpommern (69 Menschen pro Quadratkilometer) ist der Landkreis LUP dünn besiedelt (45 Menschen pro Quadratmeter). Für LUP – so wie für viele andere dünn besiedelte Landkreise – ist es eine große Herausforderung Ihren Bewohnern und Gästen ein Mobilitätsangebot jenseits des motorisierten Individualverkehrs (MIV) zu machen. Die zunehmende Verstädterung, der demografische Wandel und knappe Haushaltskassen erschweren die staatliche Aufgabe der Daseinsvorsorge. Das ist auch das Thema des transnationalen Interreg Projekts MARA.


Das Busangebot während der Schulzeit an einem Werktag des Jahres 2016 in LUP. c/o VLP
Das Busangebot an einem Wochenende des Jahres 2016 in LUP. c/o VLP

Bitte klicken Sie auf das Logo um zum Video über das D.U.GIS Tool zu gelangen.
c/o Ministry of Energy, Infrastructure and Digitalization Mecklenburg-Vorpommern (EM)
Ein MARA Werkzeug ist das D.U.GIS Tool, das Erreichbarkeitslücken analysiert und visualisiert. Für das Tool gibt es eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten – in LUP, aber mehr noch in vielen anderen Regionen, die noch nicht über ein derart engmaschiges ÖPNV Angebot verfügen wie LUP. D.U.GIS verwendet einen Open-Source-Datenansatz, der Daten zu Mobilitätsoptionen und möglichen Zielen in einer Plattform integriert. Diese evidenzbasierte Unterstützung hilft Raum- und Verkehrsplanern, bessere Planungsentscheidungen zu treffen.
Stefan Lösel hat bei einem anderen MARA Tool einen besonderen Mehrwert für die VLP ausgemacht:
„Der Population Mobility Monitor (PMM) stellt anhand von Mobilfunkdaten und potentiell auch anderen Datenquellen die Bewegungsmuster der Menschen zu jeder beliebigen Tages- und Wochenzeit anschaulich dar.
Das hilft uns, die Nachfrage nach Verkehrsverbindungen schnell und effizient zu ermitteln und entsprechend punktgenau zu bedienen.“ Das PMM wird in LUP dazu eingesetzt, ganz gezielt Vorschläge für die Zusammenarbeit mit benachbarten Verkehrsgesellschaften zu entwickeln.

Bitte klicken Sie auf das Logo um zum Video über das PMM Tool zu gelangen. c/o EM
Nach den ersten Erfahrungen mit diesen beiden neuen Tools wurde in LUP in einer breit angelegten MARA Fallstudie der Ansatz des PMM weiterentwickelt.
„Als Verkehrsgesellschaft brauchen wir digitale Unterstützung, um schnell und unkompliziert die Mobilitätsnachfrage zwischen zwei beliebigen Gemeinden in LUP mit unserem bestehenden Fahrplanangebot abzugleichen. Genau das macht unser PTM Tool (Public Transport vs. Mobility Tool), das wir im MARA Projekt gemeinsam mit dem EM entwickelt haben“.
Das PTM Tool visualisiert – ähnlich wie das PMM Tool – die Mobilitätsströme der gesamten Bevölkerung auf Grundlage von Mobilfunkdaten. Die „Verbindungspinne“, die entsteht, wenn man eine Gemeinde auswählt und sich alle Mobilitätströme (ausgehende oder eingehende) anzeigen lässt, trägt aber auch einen Farbcode: Ein grünes „Spinnenbein“ z.B. bedeutet die Verbindung wird mindestens einmal pro Stunde von der VLP bedient. Bei einem roten Spinnenbein hingegen (d.h. höchstens eine Verbindung alle 4 h) besteht ggf. Handlungsbedarf.
„Die Fahrplaninfos müssen von den Verkehrsgesellschaften seit kurzem standardmäßig in einem GTFS Datenformat bereitgestellt werden. Für dieses GTFS Format haben wir eine IT Anwendung für die Nutzung im PTM Tool entwickelt, so dass für uns keine Nachbearbeitung der Millionen von Datensätzen notwendig wird.“
führt der Geschäftsführer der VLP aus.
Wenn zwei- oder dreimal im Jahr Fahrplanwechsel anstehen, kann die Verkehrsgesellschaft zunächst die bestehenden Fahrpläne und Takte schnell mit Hilfe des PTM Tools überprüfen und bei entsprechenden farblichen Signalen, zielgerichtet tätig werden, um ggf. das Fahrplanangebot zwischen zwei Gemeinden zu optimieren.
Was in LUP jetzt bereits funktioniert, können sich auch andere Landkreise und Verkehrsgesellschaften zunutze machen. Die Tools, die im MARA Projekt entwickelt wurden, sind Open Source und müssen nur mit den entsprechenden Daten „betankt“ werden, um auch anderenorts genutzt zu werden. Mehr Informationen dazu auf www.mara-mobility.eu/tools
Auf Stefan Lösel und Gundolf Landsberg wartet dennoch – auch mit den neuen digitalen Tools – noch viel Arbeit. Neben der Aufgabe der Daseinsvorsorge, also dem Versprechen der öffentlichen Hand, dass alle Menschen – also auch die, die kein eigenes Auto besitzen – am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, ist die Dekarbonisierung der Gesellschaft die nächste große Herausforderung für sie. Ihr Ziel ist es, dass in der Zukunft nicht nur die Krankenschwester mit der VLP zur Arbeit fährt, sondern möglichst auch alle ihre Nachbarn. Um allen entsprechende Angebote zu machen, werden die VLP und LUP auch in Zukunft mit den digitalen MARA Tools arbeiten.